Kurz vor acht sitze ich beim zweiten Kaffee. Reiseziel für
heute: Evisa, mit der Option, weiter nach Porto zu fahren. Es scheint ein
klarer Tag zu werden. Heute Nacht habe ich mich gefragt, woher all die Geräusche
kommen. Ein Sturm? Das Zelt hat sich nicht groß bewegt; aufgrund der geschützten
Lage hinter dem Bahndamm werden das wohl die Bäume gewesen sein. Oder einfach
nur die ungewohnte Übernachtung im Zelt?
Voller gespannter Erwartungen biege ich von der Küstenstraße
ins Hinterland. Genialster Asphalt lässt mich fast schon übermütig werden. Die
zwei Sportwagen, die mich zwischendurch überholen, lasse ich besser ziehen. In Belgodère
brauche ich erst mal eine Pause. Mir ist die Textilkombi zu warm und ich will den
Gore-Innenanzug rausnehmen. Nur: wie macht man das auf einem mittelmäßig belebten
Platz mitten im Ort ohne dass man in Unterhose stehend auffällig werden will? Ich
lass es dann einfach… Später wird es dann wieder passen aber letztendlich ist
es ein ständiges hin und her.
Mit dem Begriff „atmungsaktiv“ haben die
Marketingabteilungen einen genialen Coup gelandet. Da schwitzt man wie Hulle und
bekommt das auch noch als besonderes Leistungsmerkmal verkauft.
Gore auf der Haut ist mir eindeutig zu schweißtreibend und ganz
ohne wird es mir zu kalt. Auf Dauer brauch ich eine Innenhose für (mittel) warmes
Wetter anstelle des Regeninnenanzugs. Im Moment reicht es aber, einfach nicht
stehen zu bleiben.
Nicht stehen bleiben fällt mir bei der Landschaft aber reichlich schwer. Ich
erwisch mich bei dem ein- oder anderen Jubelschrei unterm Helm.
Als Ziel habe ich heute zwar Evisa aber gleichzeitig brenne
ich darauf, jeder gekrümmten Linie auf der Karte zu folgen. Und davon gibt es
hier einige…Auf keinen Fall auslassen werd ich das Asco-Tal das rechter Hand
abgeht. Zunächst relativ breit geht es durch eine liebliche Landschaft die bald
unmerklich ansteigt und immer näher an die Straße rückt.
Rauschhafter Kurvenswing
bis ich irgendwann unbedingt was essen muss bevor ich ganz unterzuckere. Ein
wunderbares Restaurant, kaum Betrieb, ein Platz in der Sonne. Perfekt.
Die tolle Strecke koste ich aus bis zum Ende des Tals. Ein
Parkplatz, ein Restaurant. Mein Wanderführer empfiehlt hier in der Gegend
einige Wanderungen; das Wetter wäre heute genial aber ich bin noch lange nicht
satt gefahren. Also drehe ich direkt wieder um und nehme das ganze Tal noch
einmal in die andere Richtung.
Die N193 ist danach schon fast ein fahrtechnischer
Kulturschock. Schnell tanken und dann über einige Hinterhöfe ins Golo Tal.
Scaladi Santa Regina. Alleine für den Klang des Namens hat die Schlucht einen Preis
verdient. Mein Modus ist nur: aufsaugen und mitnehmen. Am Abend werde ich das
Gefühl haben, schwindelig gefahren zu sein.
Evisa erweist sich leider als Zeltplatz-frei. Korrigiere: Zeltplatz
geschlossen. Ein ruhiger, authentischer Bergort. Ja, Bergort. Bis auf 1400m ging
es auf der Strecke sodass ich über den Innenanzug doch froh bin. Für die
weitere Fahrt bin ich fast schon zu erschossen. Ein Zimmer sollte sich hier
doch finden lassen? Dann gebe ich aber doch wieder Gas und starte weiter
Richtung Porto.
Camping Sole e Vista erreiche ich gegen 18:00. Dass ich völlig erschöpft
bin merke ich auch an der Sackgasse in der ich lande
und die ich schon für die Zufahrt zum Zeltplatz hielt. Der Zeltplatz ist ziemlich
leer und liegt ein Stück außerhalb von Porto. Wo und wie weit der Ort weg ist
kann ich nur von der Karte erahnen; eine „Ortsrunde“ habe ich nicht mehr
gemacht da ich noch vor der Dämmerung mein Zelt aufbauen will. Platz hab ich
genug. Mitcamper kochen außerhalb meiner Rufweite vor dem Zelt ihre Suppe. Der Platz
ist dicht bewachsen. Das ist im Sommer sicher ein genialer Schutz vor der
Sonne. Jetzt fehlt jeder Bezug zur Umwelt. Man könnte auch in einem Dickicht in
Castrop-Rauxel sitzen. Sehr zwiespältig. Zu schnell hier angekommen. Auch die Spelunca-Schlucht
hab ich noch nicht richtig verdaut. So viele Eindrücke. Wechselnde
Landschaften, ständig neue Sichten.
Der Fußweg nach Porto schon im Dunkeln holt mich wieder
zurück. Der Weg ist länger als ich dachte; wahrscheinlich treibt mich auch der
Hunger an. Das Bier und eine Pizza mit Blick auf die Bucht versöhnen mich. Abends
schlafe ich erschöpft und erfüllt in meinem Schlafsack ein.
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