Montag, 10. Februar 2014

Korsika Tag 4



Kurz vor acht sitze ich beim zweiten Kaffee. Reiseziel für heute: Evisa, mit der Option, weiter nach Porto zu fahren. Es scheint ein klarer Tag zu werden. Heute Nacht habe ich mich gefragt, woher all die Geräusche kommen. Ein Sturm? Das Zelt hat sich nicht groß bewegt; aufgrund der geschützten Lage hinter dem Bahndamm werden das wohl die Bäume gewesen sein. Oder einfach nur die ungewohnte Übernachtung im Zelt?


Voller gespannter Erwartungen biege ich von der Küstenstraße ins Hinterland. Genialster Asphalt lässt mich fast schon übermütig werden. Die zwei Sportwagen, die mich zwischendurch überholen, lasse ich besser ziehen. In Belgodère brauche ich erst mal eine Pause. Mir ist die Textilkombi zu warm und ich will den Gore-Innenanzug rausnehmen. Nur: wie macht man das auf einem mittelmäßig belebten Platz mitten im Ort ohne dass man in Unterhose stehend auffällig werden will? Ich lass es dann einfach… Später wird es dann wieder passen aber letztendlich ist es ein ständiges hin und her.

Mit dem Begriff „atmungsaktiv“ haben die Marketingabteilungen einen genialen Coup gelandet. Da schwitzt man wie Hulle und bekommt das auch noch als besonderes Leistungsmerkmal verkauft. 

Gore auf der Haut ist mir eindeutig zu schweißtreibend und ganz ohne wird es mir zu kalt. Auf Dauer brauch ich eine Innenhose für (mittel) warmes Wetter anstelle des Regeninnenanzugs. Im Moment reicht es aber, einfach nicht stehen zu bleiben. 



Nicht stehen bleiben fällt mir bei der Landschaft aber reichlich schwer. Ich erwisch mich bei dem ein- oder anderen Jubelschrei unterm Helm. 


Als Ziel habe ich heute zwar Evisa aber gleichzeitig brenne ich darauf, jeder gekrümmten Linie auf der Karte zu folgen. Und davon gibt es hier einige…Auf keinen Fall auslassen werd ich das Asco-Tal das rechter Hand abgeht. Zunächst relativ breit geht es durch eine liebliche Landschaft die bald unmerklich ansteigt und immer näher an die Straße rückt. 



Rauschhafter Kurvenswing bis ich irgendwann unbedingt was essen muss bevor ich ganz unterzuckere. Ein wunderbares Restaurant, kaum Betrieb, ein Platz in der Sonne. Perfekt.


Die tolle Strecke koste ich aus bis zum Ende des Tals. Ein Parkplatz, ein Restaurant. Mein Wanderführer empfiehlt hier in der Gegend einige Wanderungen; das Wetter wäre heute genial aber ich bin noch lange nicht satt gefahren. Also drehe ich direkt wieder um und nehme das ganze Tal noch einmal in die andere Richtung. 



Die N193 ist danach schon fast ein fahrtechnischer Kulturschock. Schnell tanken und dann über einige Hinterhöfe ins Golo Tal. 


Scaladi Santa Regina. Alleine für den Klang des Namens hat die Schlucht einen Preis verdient. Mein Modus ist nur: aufsaugen und mitnehmen. Am Abend werde ich das Gefühl haben, schwindelig gefahren zu sein. 


Evisa erweist sich leider als Zeltplatz-frei. Korrigiere: Zeltplatz geschlossen. Ein ruhiger, authentischer Bergort. Ja, Bergort. Bis auf 1400m ging es auf der Strecke sodass ich über den Innenanzug doch froh bin. Für die weitere Fahrt bin ich fast schon zu erschossen. Ein Zimmer sollte sich hier doch finden lassen? Dann gebe ich aber doch wieder Gas und starte weiter Richtung Porto. 
 

Camping Sole e Vista erreiche ich gegen 18:00. Dass ich völlig erschöpft bin merke ich auch an der Sackgasse in der ich lande und die ich schon für die Zufahrt zum Zeltplatz hielt. Der Zeltplatz ist ziemlich leer und liegt ein Stück außerhalb von Porto. Wo und wie weit der Ort weg ist kann ich nur von der Karte erahnen; eine „Ortsrunde“ habe ich nicht mehr gemacht da ich noch vor der Dämmerung mein Zelt aufbauen will. Platz hab ich genug. Mitcamper kochen außerhalb meiner Rufweite vor dem Zelt ihre Suppe. Der Platz ist dicht bewachsen. Das ist im Sommer sicher ein genialer Schutz vor der Sonne. Jetzt fehlt jeder Bezug zur Umwelt. Man könnte auch in einem Dickicht in Castrop-Rauxel sitzen. Sehr zwiespältig. Zu schnell hier angekommen. Auch die Spelunca-Schlucht hab ich noch nicht richtig verdaut. So viele Eindrücke. Wechselnde Landschaften, ständig neue Sichten. 


Der Fußweg nach Porto schon im Dunkeln holt mich wieder zurück. Der Weg ist länger als ich dachte; wahrscheinlich treibt mich auch der Hunger an. Das Bier und eine Pizza mit Blick auf die Bucht versöhnen mich. Abends schlafe ich erschöpft und erfüllt in meinem Schlafsack ein. 
 


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